Katharina

 

1.

 

Ein schö­ner Stern geht auf in mei­ner Nacht,
Ein Stern, der süßen Trost her­nie­der­lacht
Und neues Leben mir ver­spricht –
Oh, lüge nicht!

 

Gleich­wie das Meer dem Mond ent­ge­gen­schwillt,
So flu­tet meine Seele, froh und wild,
Empor zu dei­nem hol­den Licht –
Oh, lüge nicht!

 

2.

 

»Wol­len Sie ihr nicht vor­ge­stellt sein?«
Flüs­ter­te mir die Her­zo­gin. –
»Bei­lei­be nicht, ich müßt ein Held sein,
Ihr An­blick schon wirrt mir den Sinn.«

 

Das schö­ne Weib macht mich er­be­ben!
Es ahnet mir, in ihrer Näh'
Be­ginnt für mich ein neues Leben,
Mit neuer Lust, mit neuem Weh.

 

Es hält wie Angst mich von ihr ferne,
Es treibt mich Sehn­sucht hin zu ihr!
Wie mei­nes Schick­sals wilde Ster­ne
Er­schei­nen diese Augen mir.

 

Die Stirn ist klar. Doch es ge­wit­tert
Da­hin­ter schon der künft'ge Blitz,
Der künft'ge Sturm, der mich er­schüt­tert
Bis in der Seele tiefs­ten Sitz.

 

Der Mund ist fromm. Doch mit Ent­set­zen
Unter den Rosen seh ich schon
Die Schlan­gen, die mich einst ver­let­zen
Mit fal­schem Kuß, mit süßem Hohn.

 

Die Sehn­sucht treibt. – Ich muß mich näh'ren
Dem hol­den, un­heil­schwan­gern Ort –
Schon kann ich ihre Stim­me hören –
Klin­gen­de Flam­me ist ihr Wort.

 

Sie fragt: »Monsieur, wie ist der Name
Der Sängerin, die eben sang?«
Stot­ternd ant­wor­te ich der Dame:
»Hab nichts gehört von dem Gesang.«

 

3.

 

Wie Mer­lin, der eitle Weise,
Bin ich armer Ne­kro­mant
Nun am Ende fest­ge­bannt
In die eig­nen Zau­ber­krei­se.

 

Fest­ge­bannt zu ihren Füßen
Lieg ich nun, und im­mer­dar
Schau ich in ihr Au­gen­paar;
Und die Stunden, sie verfließen.

 

Stunden, Tage, ganze Wochen,
Sie verfließen wie ein Traum,
Was ich rede, weiß ich kaum,
Weiß auch nicht, was sie ge­spro­chen.

 

Manch­mal ist mir, als be­rüh­ren
Ihre Lip­pen mei­nen Mund –
Bis in mei­ner Seele Grund
Kann ich dann die Flam­men spü­ren.

 

4.

 

Du liegst mir so gern im Arme,
Du liegst mir am Her­zen so gern!
Ich bin dein gan­zer Him­mel,
Du bist mein liebster Stern.

 

Tief unter uns, da wim­melt
Das när­ri­sche Men­schen­ge­schlecht;
Sie schrei­en und wüten und schel­ten,
Und haben alle recht.

 

Sie klin­geln mit ihren Kap­pen
Und zan­ken ohne Grund;
Mit ihren Kol­ben schla­gen
Sie sich die Köpfe wund.

 

Wie glück­lich sind wir beide,
Daß wir von ihnen so fern –
Du birgst in dei­nem Him­mel
Das Haupt, mein liebs­ter Stern!

 

5.

 

Ich liebe sol­che weiße Glie­der,
Der zar­ten Seele schlan­ke Hülle,
Wild­gro­ße Augen und die Stir­ne
Um­wogt von schwar­zer Lo­cken­fül­le!

 

Du bist so recht die rechte Sorte,
Die ich ge­sucht in allen Lan­den;
Auch mei­nen Wert hat eu­res­glei­chen
So recht zu wür­di­gen ver­stan­den.

 

Du hast an mir den Mann ge­fun­den,
Wie du ihn brauchst. Du wirst mich reich­lich
Be­glü­cken mit Ge­fühl und Küs­sen,
Und dann ver­ra­ten, wie ge­bräuch­lich.

 

6.

 

Der Früh­ling schien schon an dem Tor
Mich freund­lich zu er­war­ten.
Die ganze Ge­gend steht im Flor
Als wie ein Blu­men­gar­ten.

 

Die Liebs­te sitzt an mei­ner Seit'
Im rasch hin­rol­len­den Wagen;
Sie schaut mich an voll Zärt­lich­keit,
Ihr Herz, das fühl ich schla­gen.

 

Das tril­lert und duf­tet so son­nen­ver­gnügt!
Das blinkt im grü­nen Ge­schmei­de!
Sein wei­ßes Blü­ten­köpf­chen wiegt
Der junge Baum mit Freu­de.

 

Die Blu­men schaun aus der Erd' her­vor,
Be­trach­ten, neu­gie­ri­gen Bli­ckes,
Das schö­ne Weib, das ich erkor,
Und mich, den Mann des Glü­ckes.

 

Ver­gäng­li­ches Glück! Schon mor­gen klirrt
Die Si­chel über den Saa­ten,
Der holde Früh­ling ver­wel­ken wird,
Das Weib, wird mich ver­ra­ten.

 

7.

 

Jüngs­tens träum­te mir: spa­zie­ren
In dem Him­mel­rei­che ging ich,
Ich mit dir – denn ohne dich
Wär der Him­mel eine Hölle.

 

Dort sah ich die Aus­er­wähl­ten,
Die Ge­rech­ten und die From­men,
Die auf Erden ihren Leib
Für der Seele Heil ge­pei­nigt:

 

Kir­chen­vä­ter und Apos­tel,
Ere­mi­ten, Ka­pu­zi­ner,
Alte Käuze, ein'ge junge –
Letzt­re sahn noch schlech­ter aus!

 

Lange, hei­li­ge Ge­sich­ter,
Brei­te Glat­zen, graue Bärte,
(Drun­ter auch ver­schied­ne Juden) –
Gin­gen streng an uns vor­über,

 

War­fen kei­nen Blick nach dir,
Ob du gleich, mein schönes Liebchen,
Tän­delnd mir am Arme hin­gest,
Tän­delnd, lä­chelnd, ko­ket­tie­rend!

 

Nur ein einz'ger sah dich an,
Und es war der einz'ge schö­ne,
Schö­ne Mann in die­ser Schar;
Wun­der­herr­lich war sein Ant­litz.

 

Men­schen­gü­te um die Lip­pen,
Göt­ter­ru­he in den Augen,
Wie auf Mag­da­le­nen einst
Schau­te jener auf dich nie­der.

 

Ach! ich weiß, er meint es gut –
Kei­ner ist so rein und edel –
Aber ich, ich wurde den­noch
Wie von Ei­fer­sucht be­rüh­ret –

 

Und ich muß ge­stehn, es wurde
Mir im Him­mel un­be­hag­lich –
Gott ver­zeih mir's! mich ge­nier­te
Unser Hei­land, Jesus Chris­tus.

 

8.

 

Ein jeder hat zu die­sem Feste
Sein lie­bes Lieb­chen mit­ge­bracht,
Und freut sich der blü­hen­den Som­mer­nacht; –
Ich wand­le al­lein, mir fehlt das Beste.

 

Ich wand­le al­lein gleich einem Kran­ken!
Ich flie­he die Lust, ich flie­he den Tanz
Und die schö­ne Musik und den Lam­pen­glanz; –
In Eng­land sind meine Ge­dan­ken.

 

Ich bre­che Rosen, ich bre­che Nel­ken,
Zer­streu­ten Sin­nes und kum­mer­voll;
Ich weiß nicht, wem ich sie geben soll; –
Mein Herz und die Blu­men ver­wel­ken.

 

9.

 

Ge­sang­los war ich und be­klom­men
So lange Zeit – nun dicht ich wie­der!
Wie Tränen, die uns plötzlich kommen,
So kom­men plötz­lich auch die Lie­der.

 

Me­lo­disch kann ich wie­der kla­gen
Von gro­ßem Lie­ben, grö­ßerm Lei­den,
Von Her­zen, die sich schlecht ver­tra­gen
Und den­noch bre­chen, wenn sie schei­den.

 

Manch­mal ist mir, als fühlt' ich wehen
Über dem Haupt die deut­schen Ei­chen –
Sie flüs­tern gar von Wie­der­se­hen –
Das sind nur Träu­me – sie ver­blei­chen.

 

Manch­mal ist mir, als hört' ich sin­gen
Die alten, deut­schen Nach­ti­gal­len –
Wie mich die Töne sanft um­schlin­gen! –
Das sind nur Träu­me – sie ver­hal­len.

 

Wo sind die Rosen, deren Liebe
Mich einst be­glückt? – All ihre Blüte
Ist längst ver­welkt! – Ge­spens­tisch trübe
Spukt noch ihr Duft mir im Ge­mü­te.

 

(H)EINE AUSWAHL


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