Alwin Borst ist tot
Alwin Borst gehörte zu den Mitbegründern des Heinrich-Heine-Club Offenbach e.V. Wir werden seinen Rat vermissen.
Alwin wurde am 20. Aug. 1926 geboren. Am 26. Nov. 2015 ist er im Alter von 89 Jahren gestorben.
Alwin Borst beim Ostermarsch 2014
Alwin konnte zuhören. Er war besonnen und freundlich. Alwin blieb seinen Prinzipien treu. Sein Vater war 10 Jahre im KZ. Dies hat ihn maßgeblich geprägt. Sein Leben galt dem Leitmotiv „Nie wieder Faschismus - Nie wieder Krieg"! Frieden und Sozialismus waren die Ziele, für die er kämpfte. Sein umfassendes Wissen, seine Begabung es verständlich für jeden zu vermitteln, seine große politische Erfahrung, seine ganze Persönlichkeit beeindrucken bis heute viele Menschen, mit denen er in der kommunistischen Partei, in Organisationen und Bündnissen zusammenarbeitete. So in der DKP, VVN-BdA, bei den Freidenkern, im Heinrich-Heine-Club, in Friedensinitiativen, in Bündnisses gegen Neofaschismus und für soziale Gerechtigkeit.
Bis Anfang diesen Jahres nahm Alwin aktiv an unserer Club-Arbeit teil.
Alwin Borst - Lebensdaten
Alwin Borst wurde am 20. August 1926 in Klein-Krotzenburg am Main geboren. Er entstammt aus einer Arbeiterfamilie. Sein Vater war Schneider - meistens arbeitslos. Seine Mutter Zigarrenmacherin. Zusammen waren sie vier Geschwister. Alwins Vater war aus dem Ersten Weltkrieg als Mitglied der USPD zurück. Später wurde er Mitglied der KPD. Nach der Machtergreifung durch die Faschisten 1933 beteiligte er sich am Widerstandskampf gegen die Nazibarbarei. Er wurde 1935 verhaftet und kam ins Zuchthaus. Nach seiner Entlassung 1938 kam er zunächst in das KZ Dachau in „Schutzhaft“, später nach Buchenwald. Während der Haftzeit ihres Vaters kamen die Geschwister zwangsweise in Erziehungsheime.
Alwin Borst erlernte das Bäckerhandwerk, arbeitete aber dann bis zu seiner Einberufung als Dreher und Fräser bei der Degussa Hanau. Im September 1944 zur Wehrmacht eingezogen, kam er im März 1945 in amerikanische Kriegsgefangenschaft nach Frankreich. Am 19. März kamen seine Mutter und seine Schwester beim amerikanischen Bombenangriff auf Hanau ums Leben. Sein Vater kam wenige Wochen später aus dem KZ Buchenwald nach Klein-Krotzenburg nach Hause. Er war aktiv an der Befreiung des KZ beteiligt.
Der Tod von Mutter und Schwester, die zehnjährige Haft seines Vaters in Zuchthaus und KZ und nicht zuletzt seine eigenen Erlebnisse im Krieg waren von prägendem Einfluss auf den jungen Alwin. Unter diesem Einfluss trat er im Oktober 1946 der KPD. Er stellte fortan sein Leben unter die Maxime der antifaschistischen Widerstandskämpfer „Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg!“
Im Jahre 1948 bekam Alwin Borst die Chance, ein Studium an aufzunehmen. Im Herbst 1948 ging er nach Jena, erhielt dort ein Stipendium, holte an der ABF (Arbeiter- und Bauernfakultät) der Friedrich-Schiller-Universität sein Abitur nach und begann an der Philosophischen Fakultät das Studium der Geschichte. Alwin schloss mit dem Staatsexamen als „Geschichtslehrer für Oberstufe“ 1954 sein Studium ab. In Jena lernte Alwin seine spätere Frau Dora kennen, heiratete 1950 und freute sich mit seiner Frau über die Geburt der Tochter (1951).
Später zog Alwin Borst mit Frau und Kind wieder nach Klein-Krotzenburg zurück, in ein „anderes Land mit ganz anderen gesellschaftspolitischen Verhältnissen“. Der Versuch einer Anstellung als Lehrer schlug fehl. Die KPD Hessen übernahm Alwin Borst 1955 als 2. Sekretär der Kreisleitung Offenbach. Seine Arbeit war mit dem Verbot der KPD (August 1956) aber nicht beendet.
In den folgenden Jahren übte Alwin Borst verschiedene Berufe aus, u.a. war er Lederarbeiter in einem Offenbacher Kleinbetrieb (Mitglied der Gewerkschaft Leder), war oft unterwegs als Handelsvertreter in Sachen Bücher, Zeitschriften und Schallplatten. Trotz Verbot der KPD war das keine politiklose Zeit für ihn: Kampf dem Atomtod, gegen die Notstandsgesetze, gegen den Krieg der USA in Vietnam.
Aber auch lokale Themen wurden aufgegriffen. So unterstützte Alwin Borst die Bewegung für ein Jugendzentrum in Offenbach, war Mitinitiator der „Rote-Punkt-Bewegung“ gegen die Fahrpreiserhöhungen. Immer wieder sah man ihn mit seiner ganzen Familie (1958 kam noch ein Sohn dazu) beim Ostermarsch.
Im Sept./Okt. 1968 wurde eine neue Partei, die DKP gegründet. Alwin Borst und seine Frau traten ihr bei. Alwin war deren Kreisvorsitzender für Offenbach Stadt und Land(bis 1979).
Seine Frau Dora verstarb im Mai 1999. Seitdem lebte Alwin allein in seiner Wohnung.
Die Niederlage der sozialistischen Länder, insbesondere der DDR war der nächste Schlag, der ihn tief getroffen hat. Er hat aber nicht resigniert. Er war besonders an der Aufarbeitung der Ursachen der Niederlage interessiert.
Alwin Borst war neben seiner Parteiarbeit in der VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten) tätig. Er war aktives Mitglied im Freidenker-Verband Offenbach und unterstützte solidarisch die Offenbacher Arbeitslosen-Initiative (OALI). Er war neben vielen anderen Persönlichkeiten und Organisationen Mitgründer des „Offenbacher Bündnisses für Menschlichkeit und Solidarität – gegen rechte Gewalt und Rassismus“ einer Vorläuferorganisation von „BUNT statt braun“.
Alwin Borst war im Jahre 2003 Gründungsmitglied des Heinrich-Heine-Club Offenbach e.V. Bis Anfang diesen Jahres war er mit Rat und Tat im Unterstützerkreis des Clubs aktiv.
Der Kampf gegen Krieg und Faschismus, gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit war Leitlinie seines politischen Lebens.
Alwin verstarb am 26. November 2015 nach längerer Krankheit im Alter von 89 Jahren.